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Unterstützung für Kriegskinder und Kriegsenkel

Die Frage, wie es heute den Menschen geht, die in Kriegszeiten geboren wurden und welche Auswirkungen ihre Erlebnisse aus dieser Zeit wiederum auf deren Kinder hat, erfreut sich ganz allmählich eines breiter werdenden Interesses. Völlig zu Recht, denn viele Menschen leiden in unterschiedlichem Maße und ohne, dass sie das wissen, noch heute unter dem, was ihre Großeltern und Eltern während der Zeit des Nationalsozialismus, Krieg, Flucht und Vertreibung erleben mussten.
Diese Erlebnisse waren in der Regel seelisch sehr belastend, wenn nicht sogar  traumatisch (im Übrigen ein Begriff, der viel zu inflationär gebraucht wird, sich dadurch abzunutzen beginnt und inhaltlich zunehmend von seiner ursprünglichen Bedeutung und vor allem Tragweite entfremdet wird).

In meinen Coachings und Supervisionen begegne ich (gefühlt zunehmend) Menschen, bei denen die Arbeit an aktuellen Fragen, Problemen und Befindlichkeiten in die Vergangenheit der Familien führt, denen sie entstammen. Dies geht häufig weiter zurück, als man dies gemeinhin aus Beratung und Therapie kennt, nämlich über die eigene Kindheit hinaus in Zeiten und Familienzweige hinein, die bis dahin verdunkelt, unbekannt, geheimnisvoll schienen oder komplett verdrängt wurden.

Die Mechanismen dieser Weitergabe genauer zu beschreiben, würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an guter Literatur für Betroffene und Interessierte. Eine Liste mit meinen Favoriten können Sie Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. anfordern. Sollten Sie das Gefühl haben, dass dieses Thema für Sie Bedeutung hat und Sie Unterstützung bei der Bearbeitung dieser Frage benötigen, so können Sie mich Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. kontaktieren

Zwei sozusagen klassische Symptomatiken möchte ich hier trotzdem kurz beschreiben.

Da wäre zum eine die Sache mit dem Umgang mit Nahrungsmitteln. Genauer gesagt, das Bedürfnis vieler Menschen aus der Generation der Kriegs- und Nachkriegskinder, also der heute ca. ab 50jährigen Menschen aufwärts, keinerlei Essen oder Essensreste wegzuwerfen, sondern zu verwahren, seien sie möglicherweise auch noch so klein. Z.T. jahrelanger Hunger als Kind hinterlässt eine Einstellung zum Essen als etwas sehr wertvolles und lebensrettendes. Neben den persönlichen Hungererfahrungen spielt natürlich verstärkend die entsprechende Erziehung zum Sparen und dem in Ehren halten von Nahrungsmitteln eine große Rolle.

Ein weiteres Beispiel: Ruhe- und Rastlosigkeit, das Gefühl nie richtig anzukommen, entweder beruflich oder bezogen auf den Wohnort, kann ein Hinweis auf unbearbeitete Flüchtlingserfahrungen sein, die entweder noch selbst oder aber auch schon in der Eltern- oder Großelterngeneration gemacht wurden.

So gibt es eine große Fülle an Möglichkeiten, wie sich die Zeit zwischen 1939 und 1944 mit der anschließenden Nachkriegszeit so sehr auf das seelische Befinden der Menschen ausgewirkt hat, dass es heute für Kinder und Enkel noch reale Bedeutung im Leben hat. 

Bei allen Therapien, Behandlungen und Beratungen von Klienten/Patienten ab einem Alter von ca. 35 Jahren sollte aus meiner Sicht zumindest die Möglichkeit bedacht werden, dass die transgenerationale Weitergabe von seelischen Belastungen und Traumata aus der Zeit des Nationalsozialismus, Krieg, Flucht und Vertreibung eine Rolle für die Themen/Probleme/Schwierigkeiten spielen könnte.

Roland Kubitza