Supervision für Lehrerinnen und Lehrer
Supervision mit Lehrerinnen und Lehrern
Können auch Lehrerinnen und Lehrer von Supervision, Coaching und Beratung profitieren? Eindeutig mit „Ja“ beantwortet wird diese Frage in der Ausgabe 7-8/16 der Zeitschrift „Pädagogik“, die im Beltz-Verlag erscheint.
Dieser Einschätzung schließe ich mich nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Erfahrungen an, die ich im Rahmen meiner Praxis als Systemischer Berater, Supervisor und Coach mache.
In diesem Blogbeitrag möchte ich kurz auf eine wesentliche Herausforderung eingehen, die sich aus meiner Sicht in der systemisch orientierten supervisorischen Arbeit mit Lehrerinnen und Lehrern ergibt.
Diese Herausforderung setzt sich aus zwei wesentlichen Unterschieden in der Denkweise zusammen, die Schule auf der einen und Systemische Beratung und Therapie auf der anderen Seite prägen.
Lehrende oder Lehrender sein bedeutet in der Regel, Schülerinnen und Schüler dauerhaft zu instruieren. D.h., es werden Hinweise, Anleitungen, Aufgaben, Anweisungen mit dem Ziel übermittelt, dass sich durch deren Befolgung und Bearbeitung sog. Lernerfolg einstellt, der dann in Form von Noten gemessen wird.
Es ist für Lehrerinnen und Lehrer ausgesprochen irritierend, in Fortbildungen oder Supervisionen von mir zu hören, dass für Systemiker, hervorgehend aus dem Ansatz der Autopoiese (nach Maturana), das Instruieren von Systemen, wie es Menschen und damit auch Schülerinnen und Schüler sind, nicht möglich ist. Anders ausgedrückt: Als strukturdeterminierte Systeme sind Menschen von außen prinzipiell nicht gezielt beeinflussbar, sondern reagieren immer im Sinne der eigenen Struktur. Wird dieser Satz unmittelbar auf den schulischen Alltag angewandt, so kommt das den allermeisten Lehrerinnen und Lehrern dann doch wieder sehr bekannt vor. Es ist eine denkbare Antwort auf die Frage, warum die Schüler häufig nicht so lernen, wie es durch ausgefeilte Didaktik und Methodik theoretisch möglich scheint und geplant wird und den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern in der langen Ausbildung immer wieder erklärt wird.
Ein zweiter wesentlicher Unterschied besteht darin, dass Schule eher ein Ort des kausal-linearen Ursache-Wirkung-Denkens und darauf aufbauender Bewertungsroutinen ist und sich damit grundsätzlich von der prozessorientierten Arbeits- und Denkweise in Systemischer Supervision, Beratung und Therapie unterscheidet. Dieser scheinbare Gegensatz schlägt sich nach meiner Erfahrung unmittelbar in Supervisionsprozessen nieder.
So kann z.B. die Frage, was denn zu tun ist, damit ein Schüler weniger den Unterricht stört in Supervision zunächst nicht unmittelbar beantwortet werden. Als Supervisor sorge ich dafür, dass die SupervisandInnen durch Perspektivwechsel, Fragen nach persönlichen Befindlichkeiten in den problematischen Situationen usw. einen veränderten Blick auf das sogenannte Problem bekommen und den Sinn des Verhaltens ergründen. Das Schwierige für die Lehrerinnen und Lehrer ist dann die Veränderung ihrer bisherigen Bewertungskriterien. Das „Schlechte“ könnte einen für den Schüler positiven Effekt haben. Fragen nach den Wechselwirkungen erzeugen eine Komplexität in der Situation, die zunächst ein Gefühl noch größerer Handlungsunfähigkeit zur Folge hat. Dieser Prozess ist aber notwendig, um neue Handlungsoptionen zu generieren.
Roland Kubitza