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Besondere Rollenaspekte in der Teamsupervision

Besondere Rollenaspekte in der Supervision von selbstverwalteten Betrieben, Elterninitiativen und Vereinen

Ein Fall aus der Teamsupervision eines selbstverwalteten Kindergartens mit 20 Plätzen:

„Wir haben ein schwieriges Elterngespräch vor uns. Wir wissen nicht, wie wir da vorgehen sollen. Die Mutter hat einen 3-Jährigen in der Kita, sie ist Vorständin im Verein, der diese Kita betreibt, und mit einem Großteil des Teams befreundet. Ihr Sohn fällt durch im Vergleich zu den anderen sehr spezielles Verhalten aus dem Rahmen ...“
Dies ist ein klassisches Beispiel, wie es in unterschiedlichen Abwandlungen immer wieder vorkommt. Eine der Herausforderungen besteht u.a. in der Anzahl der verschiedenen Rollen, mit denen die Menschen am Tisch sitzen.
Als Vorständin des Vereins ist die Mutter des Kindes daran interessiert, dass die Erzieherinnen der Kita gute und professionelle Arbeit leisten. Als Mutter fühlt sie sich u.a. möglicherweise mit ihren elterlichen Kompetenzen infrage gestellt, wenn ihr geliebtes Kind zu Sorgen und Gesprächen in der Kita Anlass gibt. Als Freundin ist sie vielleicht enttäuscht, dass die freundschaftliche Vertrautheit nicht zu einer früheren informellen Information über die Probleme mit ihrem Sohn geführt hat.

Aus Sicht der Mutter pointierter formuliert: Mit dem, was die Mutter als Vorständin von ihren Mitarbeiterinnen fordern muss, gerät sie als Mutter unter Druck und als Freundin in eine Vertrauenskrise.
Thema in der Supervision äre zunächst eine Identifizierung der verschiedenen Rollen mit ihren jeweiligen Logiken, mit denen gedacht und gehandelt wird, sein. Anschließend schaut man sich an, welche rollenimanenten Aufgaben und Absichten sich widersprechen und welche Auswirkungen das hat. Hier kommt man dann auf die Spur von Paradoxien: Was die Mutter als Vorständin tut oder entscheidet, kann aus Sicht der Mutter oder der Freundin falsch sein und umgekehrt.

Auf das Beispiel angewandt heißt das, dass es in der Rolle als Fachkraft für die Erzieherinnen der Kita zunächst wichtig ist, das Kind über einen gewissen Zeitraum und anhand bestimmter Kriterien zu beobachten. Erst dann wird das Gespräch mit den Eltern gesucht. Die Vertrauenslogik unter Freundinnen gebietet aber eher, dass man ehrlich ist und keine Geheimnisse hat. Für die Mutter könnte zur Abwehr der Ängste bezüglich ihres Kindes eine Verführung darin bestehen, den Erzieherinnen, deren Arbeitsverträge sie unterschrieben hat, deutlich zu machen, wer die Macht und das Sagen hat.
Teams neigen in solchen und ähnlichen Situationen zur Vermeidung. In der Regel führt dies zu einer langsamen aber stetigen Vergrößerung der Probleme und Vermehrung von Paradoxien.
Wie sollen sich Teams und Fachkräfte da zurechtfinden?

Fritz B. Simon gibt in seinem Buch „Einführung in die Theorie des Familienunternehmens“ (2012) Carl-Auer Verlag, Heidelberg, einige Tipps für die Beratung von Familienunternehmen. Sie sind prototypisch für Systeme mit sehr unterschiedlichen Rollen und unterschiedlichen Anforderungen. Auf die Supervision von Teams angewandt, können sich folgende Denk- und Vorgehensweisen ergeben.

  1. Die Widersprüche und Paradoxien müssen ausgehalten werden. Sie können nicht dauerhaft beseitigt werden, sondern tauchen immer wieder auf. Ambivalenzfreies Handeln ist in selbstverwalteten Institutionen nur selten möglich. Der Verführung, die Belange der einen Seite prinzipiell denen der anderen Seite unterzuordnen, ist entgegenzuwirken.
  2. Der ursprüngliche Zweck der Institution steht im Zweifel im Vordergrund. Individualinteressen haben unter Umständen zurückzustehen (Im Beispiel: „Vorstände kommen und gehen. Der Kindergarten bleibt.“).
  3.  Personalentscheidungen sollten auf Grundlage von Kompetenzen und Leistungen getroffen werden.
  4. Sachebene und die persönliche Ebene sollten bewusst auseinandergehalten werden. Hierbei ist es zum Beispiel hilfreich, jeweils zu benennen, in welcher Rolle man etwas sagt. (Im Beispiel könnte eine Erzieherin sagen: “Als Freundin fällt es mir nicht leicht, dir Hinweise zu deinem Kind zu geben. In meiner Rolle als Erzieherin ist dies aber ein wichtiger Teil meines fachlichen Handelns.“)
    Roland Kubitza